Staatsapparat als Unternehmer

China verfolgt eine Einbahnstraßen-Politik: seine Unternehmen exportieren munter in die Welt. Ausländer werden nach China gelassen, wenn man deren Technologien abgreifen kann. Die neuen Schlüsselindustrien sind streng geschützt. Auf dieser Basis baut China Konzerne auf und greift dann weltweit an.

Dies exerziert China nun seit Langem, aber sehr geschickt verdeckt durch eine Industriepolitik, die der Breite der Weltöffentlichkeit suggeriert, dass das gar nicht so schlimm sei. Denn in wichtigen Branchen dürfen Ausländer ja tätig sein, etwa in der Autoindustrie: für VW ist China der größte Auslandsmarkt, BMW ist gut positioniert und Mercedes holt auf. Aber selbst diese Branche wird ausgetrickst: China setzt voll auf Elektromobilität, auf Batterietechnik und ist überzeugt, die Verbrennungsmotor-Unternehmen verdrängen zu können. China erlaubt 60 Autoherstellern, das autonome Fahren auf seinen Straßen im Realverkehr zu testen. Da dies in Deutschland verboten ist, sind alle deutschen OEMs auf dieses Angebot eingegangen. Alle Testergebnisse und Daten aus deren Versuchen müssen an die einschlägigen chinesischen Behörden gemeldet werden. Ein Erfahrungstransfer par excellence, zumal den Chinesen damit die Daten aller ausländischen Autohersteller zur Verfügung stehen. China hat erkannt, dass Wissen und Daten über die Wirtschaft der Zukunft bestimmen, und ist festen Willens, die Weltwirtschaft zu dominieren.

Internet und i-Phone

So wird den „Big Five“ der US-Internet-Industrie – Microsoft, Apple, Amazon, Google und Facebook – der Zugang zum chinesischen Markt schwer gemacht. Der Microsoft- Suchmaschinendienst Bing war im Januar in China blockiert.

Apple lässt seine i-Phones in einer Fabrik im chinesischen Zhengzhou bauen, die vom taiwanischen Elektronikhersteller Foxconn betrieben wird. Damit ist deren Technologie offen für China. Präsident Trump wurde kürzlich vor einem Eigentor geschützt, als er die dort produzierten i-Phones mit Zöllen belegen wollte. Damit wäre Apple nicht nur aus China raus, sondern wohl weltweit im Abseits.

Zu den „schutzbedürftigen“ in diesem Segment gehören unter anderem die chinesischen Unternehmen Lenovo und Huawei. Lenovo ist – nach der Übernahme dieser Sparte von IBM – der weltweit größte PC-Hersteller, und hat kürzlich HP überholt. Huawei ist einer der weltweit führenden Hersteller von universalen Kommunikationsnetzen und hat soeben Apple bei Mobiltelefonen in Stückzahl übertroffen.

Fehler westlicher Bahnhersteller

Aber nicht nur die jungen Hightech-Branchen werden gepusht, auch in klassischen Industrien sitzen die Strippenzieher in der Regierung. So baute das chinesische Eisenbahnministerium systematisch seine Industrie auf: die riesigen Fertigungsstandorte gingen Joint Ventures mit westlichen Wettbewerbern ein. So etwa Siemens, zur gemeinsamen Entwicklung einer Hochleistungslokomotive für den chinesischen Markt. Praktisch am Tag nach Fertigstellung des Prototypen kündigten die Chinesen das Gemeinschaftsunternehmen und bauten dann die Maschine in Tausender- Stückzahl im Alleingang. Im Glauben, durch Gemeinschaftsunternehmen Positionen im China-Markt zu sichern, machten alle westlichen Bahnhersteller denselben Fehler. Ergebnis: Technologietransfer an die Chinesen, Rauswurf aus dem Markt.

Auf diese Weise bauten die Chinesen den weltweit größten Eisenbahnkonzern auf, die China Railway Rolling Stock Corporation, CRRC. Sie ist größer als alle bedeutenden europäischen und US-amerikanischen Eisenbahnhersteller zusammen. Die Angst vor der CRRC ist so groß, dass sich sogar die Erzrivalen Siemens und Alstom in der Bahntechnik zusammenschließen wollten – was die EU-Kartellbehörde jüngst untersagte. Europa hat sich damit selbst ins Bein geschossen. CRRC greift auch schon an: den ersten (kleinen) Lokauftrag bei der Deutschen Bahn hat der Konzern bereits bekommen. Die Technologie des Transrapids ist an die CRRC gefallen, nachdem die einzige kommerzielle Strecke der Welt in Shanghai gebaut wurde – von Siemens und Thyssen, die sich dann aus dieser Technik zurückzogen. CRRC will nun weltweit die Schwebetechnik vermarkten.

Durch die gezielte Steuerung chinesischer Ministerien sind ganze Branchen in chinesische Hände gelangt. So wurde praktisch die gesamte ausländische Photovoltaikindustrie von China aufgekauft. Mit der Förderung regenerativer Energien fördern wir China, denn auch bei der Windenergie holen sie auf. Die Kernkraftwerksindustrie haben wir aufgegeben. China plant bis 2030 über 80 Neuanlagen und wird wohl bald größter Hersteller.

Seidenstraße und Afrika

Mit fast einer Billion US-Dollar ist Chinas Belt and Road Initiative, bekannt als „Neue Seidenstraße“, das weltweit größte Investitionsprogramm seit dem Marshall-Plan. Die „Straße“ beinhaltet: Schienenstrecken, Autobahnen, Wasserwege, Elektrizität, Kommunikationsnetze und lokale Großbauvorhaben vom Kraftwerk bis zu Regierungspalästen. Auch diese „Straße“ ist eine Einbahnstraße, denn westlichen Unternehmen wird die Teilhabe verweigert. Aus vielerlei vorgeschobenen Gründen, zum Beispiel auch weil die Europäer die Einhaltung von Vergabe- und Sozialrichtlinien einfordern. So bauen und finanzieren Chinesen mittlerweile Infrastruktur auch in Osteuropa im Alleingang. Bereits jetzt gehen die Marktanteile europäischer Unternehmen in den Visegrád-Staaten zurück. Die Zukunft ist bedrückend, weil häufig überdimensionierte Anlagen aufgeschwatzt und die Investitionen abbezahlt werden müssen. Da realistische Renditerechnungen in der Regel fehlen, werden viele wohl zahlungsunfähig und dann fallen die Einrichtungen an die Chinesen zurück. Deren Ziel ist eindeutig: die Hegemonie auf dem eurasischen Kontinent – das beinhaltet auch die wirtschaftliche Übermacht innerhalb des EU-Raumes.

Auch das aber reicht den Chinesen nicht. Bekannt sind Kauf und Pacht landwirtschaftlicher Betriebe, besonders in Afrika. Weniger bekannt ist, dass die Chinesen weltweit systematisch Kraftwerke und Hochspannungsnetze bauen und aufkaufen – und damit die globale Stromversorgung angreifen. In Afrika sind sie bereits Handelspartner Nummer eins, haben Europa verdrängt. Die Amerikaner sind sowieso auf dem Rückzug, dank Trump, und bitten sogar, dass Deutschland ihre Position übernehmen möge. Aber auf dem Ohr sind wir taub und unser Auge auf Afrika ist trübe.